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Objekt des Monats

Besonderheiten, kuriose Gegenstände oder persönliche Highlights: Wir stellen Ihnen jeden Monat besondere Exponate aus unserer Ausstellung oder Objekte aus unserer Sammlung vor und erzählen Ihnen ihre Geschichte.

Die Sammlung des Ludwig Erhard Zentrums umfasst Objekte verschiedenster Art – und wächst stetig weiter: vom Sektglas bis zur Riesenzigarre, vom Militärjeep bis zur Modellrakete, vom Ehering bis zum Ehrendoktorhut, von der Wiege Ludwig Erhards bis zum Wahlplakat. Besitzen Sie ein historisches Objekt oder zeitgeschichtliches Dokument mit einschlägigem Bezug zu Ludwig Erhard und seinem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft, das Sie unserer Sammlung als Schenkung oder Leihgabe zur Verfügung stellen möchten? Dann kontaktieren Sie uns gerne: Lennart Gütschow, Tel. 0911 621 808-15, E-Mail: sammlungen@ludwig-erhard-zentrum.de

Dieses Paar Schnürstiefel für Frauen wurde im Rahmen des „Jedermann-Programms“ Ende 1948 in einer nordwestdeutschen Schuhfabrik hergestellt und im Einzelhandel verkauft. Das Jedermann-Programm war Teil von Ludwig Erhards Bemühungen als Wirtschaftsdirektor der Bizone, die Bevölkerung mit preiswerten Bedarfsgütern zu versorgen. Erhard ging dabei eine zeitweilige Kooperation mit den an Rohstoffmangel leidenden Schuhproduzenten ein: Diese bekamen von der Behörde die notwendigen Rohstoffe zugewiesen und akzeptierten im Gegenzug ein Preislimit für die fertigen Waren. So lag der Handelspreis dieser Stiefel bei maximal 23,75 RM, was sie auch für Menschen mit niedrigem Einkommen erschwinglich machte. Das Programm war ein Erfolg, da es nicht nur die erhältliche Warenmenge steigerte und die Preise niedrig hielt, sondern auch die beteiligten Schuhfirmen förderte. Diese konnten dank der sicheren Rohstoffzuteilung ihre Produktionszahlen steigern und sich für die Zukunft Marktanteile sichern, da sie die produzierten „Jedermann-Schuhe“ mit ihrem Firmennamen verkaufen durften. Der Anteil der „Jedermann-Schuhe“ an der Gesamtproduktion in der Bizone stieg schnell an: Im August 1948 lag er noch bei 28 Prozent und erhöhte sich dann bis zum Dezember auf 60 Prozent aller produzierten Schuhe.

Das Ludwig Erhard Zentrum erhielt diese Schuhe als freundliche Dauerleihgabe der über mehrere Generationen im Schuhgewerbe tätigen Familie Wiecher.

Dieser Orden wurde für die Faschingsfeiern der „Großen Carnevalsgesellschaft Fürther Kleeblatt e.V. von 1912“ (C.F.K.) im Februar 1964 hergestellt. Er nahm den damals als Bundeskanzler amtierenden Ludwig Erhard aufs Korn, der hier in Form einer riesigen Zigarre den Fürther Rathausturm umarmt: Beide schauen dabei etwas zweifelnd. Dass Erhard den Turm umarmt und nicht der Turm ihn, könnte auf das schwierige Verhältnis zwischen dem CDU-Wahlkampfmagneten Erhard und der damals wie heute von der SPD dominierten Fürther Lokalpolitik anspielen. Auch wenn die Stadt stolz auf ihren in Bonn als Wirtschaftsminister und Bundeskanzler berühmt gewordenen Sohn war (und ist), verwehrte der Fürther Stadtrat ihm zu Lebzeiten wegen angeblichen Mangels an direkten Verdiensten um die Stadt die Ehrenbürgerschaft.

Obwohl der Orden ein reiner Gebrauchsartikel war, hat dieses Exemplar eine besondere Geschichte: Es wurde von Vertretern der C.F.K. feierlich in einem Etui an Ludwig Erhard übergeben. Dies wurde mit einer Widmung im Etui festgehalten. Da Erhards Amtspflichten ihm nicht erlaubten, zum Karneval nach Fürth zu kommen, reiste eine Abordnung der Carnevalsgesellschaft nach Bonn und nutzte die Gelegenheit für eine Besichtigung der Bundeshauptstadt. Der Orden verblieb nach Erhards Tod in der von ihm gegründeten Stiftung in Bonn, bis er 2022 als Teil des Erhard-Nachlasses ins Fürther Ludwig Erhard Zentrum kam.

Diese gravierte Zigarettendose stammt aus dem Nachlass Ludwig Erhards und befindet sich seit 2022 in der Sammlung des LEZ. Die Dose hat einen Holzkern, der an den Seiten sowie auf dem Klappdeckel mit Sterlingsilber beschlagen ist. Der zweigeteilte Innenraum ist unbenutzt; offensichtlich hat der passionierte Zigarrenraucher Erhard die Dose nie für die Lagerung von Zigaretten verwendet. Beim auf dem Deckel eingravierten Adler handelt es sich um das offizielle Siegel des Bundestags, das sich von der bekannteren „Fetten Henne“ an der Rückwand des Sitzungssaals unterscheidet.

Wie viele andere Politiker war und ist Ludwig Erhard vor allem durch seine Regierungsämter bekannt: erst als Wirtschaftsminister von 1949-1963, danach als Bundeskanzler bis zum Herbst 1966. Dabei trat oft in den Hintergrund, dass er während dieser Zeit und bis zu seinem Tod 1977 Bundestagsabgeordneter war – und zwar nicht für seine Geburtsstadt Fürth, sondern für Ulm und Umgebung, wo die CDU ihn bei den ersten sechs Wahlen als Direktkandidat aufstellte. 1972 und 1976 zog Erhard dann über die CDU-Landesliste ins Parlament ein. Als der Bundestag 1974 sein 25-jähriges Jubiläum feierte, gehörte Erhard zu den zehn Abgeordneten, die seit der ersten Wahl ununterbrochen Teil des Parlaments gewesen waren, und erhielt als Würdigung diese gravierte Zigarettendose.